Schon bei der obligatorischen Umarmung
zur Begrüßung besinnt man sich dann jedoch auf alte Differenzen,
die im unverbindlichen Chatroom vergessen worden sind, und beschließt
kurzerhand, die letzten Urlaubsfotos auf seinem iPad-Mini zu zeigen,
um eventuellen Gesprächspausen direkt präventiv entgegenzuwirken.
Dass es dazu gar nicht erst kommt, weil das Gegenüber mehr Interesse
an seinem Smartphone zeigt, als an dem tiefgreifenden
freundschaftlichen Kontakt, wird zunächst gespielt freundlich
ignoriert. Mit persönlichen Fragen wie „Hey, was machst du
eigentlich gerade so, wie geht’s deiner Schwester überhaupt?“,
versucht man dann das Gespräch einzuleiten, während die lang
vergessene Freundin hingebungsvoll kaugummikauend in das Geschehen
auf ihrem Display vertieft ist. Ein gemurmeltes „Jaja, Moment“
zeigt dann zumindest, dass das Gesagte wenigstens akustisch
angekommen ist. Nach kurzem überlegenden Nägelkauen beugt man sich
dann doch der technischen Innovation: „Was guckst du denn da?“,
lautet die Interesse suggerierende Frage, deren Antwort ernüchternder
als erhofft ist. Ein im Kreis tanzender Affe auf YouTube ist das
Objekt der ungeteilten Aufmerksamkeit. Über den Schmerz hinweg
sehend, dass man selbst nicht einmal mit einem wackeligen Video
konkurrieren kann, lehnt man sich seufzend aufgebend in den Sessel
zurück und nippt am Kaffee. Das nächste mal, bevor man sich auf ein
derart gewagtes Wiedersehensexperiment einlässt, werden bitte noch
die Interessensangaben bei Facebook gecheckt!
Montag, 18. März 2013
Freundschaft. Oder so.
Durch die praktische Erfindung der social
media ist es jedem jederzeit möglich, den Kontakt zu denen seiner
354 Freunde zu intensivieren, die man gern hat und gleichzeitig den
Austausch zu denen zu verhindern, die nur die Anzahl der Freunde nach
oben treiben. Neben dieser effizienten Möglichkeit der Selektion im
Bekanntenkreis kommt jedoch noch der Vorteil hinzu, wieder mit alten
Schulfreunden zu kommunizieren, mit denen man sich vor einer Dekade
mal ein Schulbrot geteilt hat. Unbeachtet bleibt dabei, weshalb man
mit der ehemaligen Zwangssitznachbarin seit fünf Jahren kein Wort
mehr gewechselt hat und man kann auf die Idee kommen, sich auf einen
Kaffee zu treffen und alte Zeiten wieder aufleben zu lassen.
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